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Full text of "Artist 93 Nov 2012"

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Taz, 27.02.2010 

Von unentrinnbaren Situationen 

FÖRDERPREIS - Elianna Renner ist die 33. Preisträgerin des Bremer Förderpreises 
für Bildende Kunst. Ihre Arbeit "22.1.08" erzählt eine Geschichte, die Geschichte 
erzählt 

Interview Andreas Schnell 

taz: Wir gratulieren: Sie haben gerade den Förderpreis gewonnen - für eine Audio- 
Installation, die viel mit Ihrer Biografie zu tun hat. 

Elianna Renner: Ich finde das schwierig. Ich komme aus einer jüdischen Familie und arbeite 
auch viel mit dem Thema Judentum. Andererseits frage ich mich immer: Wie wichtig ist es 
überhaupt, das zu sagen. 

In der Arbeit, die ausgezeichnet wurde, unterhalten sich zwei Menschen - ein 
Palästinenser und eine Jüdin, die zusammen im Auto sitzen. Der Palästinenser entpuppt 
sich als Antisemit. 

Es geht für mich vielmehr darum, dass sich zwei Menschen in einer Situation wiederfinden, 
der sie nicht einfach entgehen können. 

Ein klassisches Tramper-Problem, gewissermaßen... 

Genau. Und eigentlich geht es darum, wie die eine Person versucht, auf diesen Konflikt nicht 
einzugehen und das Gespräch immer von dem heiklen Thema ablenken will. Als sie von 
Frankreich erzählt, kommt es zum Eklat, weil der Palästinenser über Sarkozy, den 
"ungarische Juden", lästert. Woran man sieht, dass das Problem längst in Europa 
angekommen ist. 

Sie waren schon letztes Jahr für den Förder preis nominiert. 

Da ging es um die Erzählung einer Biografie, die mit ganz vielen anderen Dingen gemischt 
war, durch die sich ein roter Faden zieht. 

Das gab es auf geribbelte Wollpullover, deren Fadenlänge zusammengenommen der 
Entfernung zwischen Bremen und Bergen-Belsen entsprach. Inwieweit ist Ihre Arbeit 
politisch motiviert? 

Das eine spielt immer in das andere hinein. Ich denke, wenn man sich politisch mit Themen 
auseinander setzt, bekommt man auch einen Blick für Momente und Situationen, und dann 
geht man anders auf Dinge zu. Und eine Situation, wie die mit den beiden Menschen im Auto, 
sieht man dann vielleicht auch aus einem bestimmten Blickwinkel. Ich arbeite aber nicht von 
Anfang an auf ein klares Ziel wie eine politische Frage zu. 

Sie haben früher auch in Punk-Bands gespielt - hat die Kunst die Musik abgelöst? 



Wir haben bei der Band auch mit Dia-Show und Performance gearbeitet und unsere 
Plattencovers und Plakate selbst gestaltet. Das lief eigentlich schon damals zusammen. 



Elianna Renner, 32 ist Meisterschülerin von Jean-Francois Guiton an der Hochschule für 
Künste Bremen. 

Bremer Förderpreis 

Die Ausstellung mit den für den "dienstältesten" Förderpreis für bildende Kunst in 
Deutschland nominierten Arbeiten wird heute, Samstagabend um 20 Uhr eröffnet. 

Die Ausstellung ist ab Sonntag bis zum 4. April in der Städtischen Galerie im Buntentor zu 
sehen. 

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 12 bis 18 Uhr, Sonntag 1 1 bis 18 Uhr 



Tageszeitung, 27.02.2010 - Andreas Schnell 

http://www.taz.de/l/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ra&dig=2010%2F02%2F27%2Fa0065&c 
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